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Wie wird der Verkehrswert einer Immobilie ermittelt?

Wer eine Immobilie besitzt oder mit dem Kauf liebäugelt, wird früher oder später mit dem Verkehrswert konfrontiert werden. Dieser gibt an, wie viel die Immobilie am Tag der Wertermittlung wert ist. Wofür du den Verkehrswert brauchst, wie er errechnet wird und wer dafür zuständig ist, erfährst du hier.

Ein Mann mit Unterlagen zum Verkehrswert einer Immobilie

Was ist der Verkehrswert einer Immobilie?

Der Verkehrswert – auch Marktwert genannt – ist in Paragraf 194 Baugesetzbuch (BauGB) definiert und beschreibt den Wert einer Immobilie zum Zeitpunkt der Wertermittlung. Damit stellt der Verkehrswert eine Art Momentaufnahme dar, denn je nach Marktlage kann er sich bereits kurze Zeit später wieder geändert haben.

Welche Faktoren beeinflussen den Verkehrswert?

Jede Immobilie ist unterschiedlich, weshalb man bei der Wertermittlung immer ganz genau hinsehen muss. Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die den Wert eines Hauses oder einer Wohnung beeinflussen. Dazu zählen vorrangig:

  • Lage der Immobilie
  • Größe der Immobilie (sowohl Grundstücksgröße als auch Wohnfläche)
  • Zustand der Immobilie (z. B. frisch saniert, renovierungsbedürftig, Neubau)
  • Nutzungsarten (z. B. reine Wohnimmobilie, Gewerbeimmobilie, Mischobjekt)
  • Baujahr
  • Ausstattung und Besonderheiten (z. B. Wintergarten, Pool, offene Wohnküche, Dachterrasse)
  • Haustyp (z. B. freistehendes Einfamilienhaus, Reihenhaus, Doppelhaus)
  • Aktuelle Marktlage

Wofür benötige ich den Verkehrswert einer Immobilie?

Es ist in ganz unterschiedlichen Situationen wichtig, den Wert von Immobilien zu kennen. Das beginnt beim Ansetzen des richtigen Verkaufspreises und endet bei steuerrechtlichen Angelegenheiten. In den folgenden Situationen ist der Immobilienwert relevant:

  • Kauf und Verkauf von Immobilien
  • Gerichtliche Auseinandersetzungen (z. B. Vermögensaufteilung infolge einer Scheidung oder eines Erbfalls)
  • Steuerrechtliche Angelegenheiten (z. B. Ermittlung des Immobilienwerts zur Berechnung der Erbschaftssteuer)
  • Abschluss einer Baufinanzierung oder Anschlussfinanzierung

Gut zu wissen: Geht es um die Erbschaftssteuer, dann kümmert sich das Finanzamt zunächst selbst um die Wertermittlung. Was auf den ersten Blick komfortabel scheint, kann sich auf den zweiten Blick aber als wahre Kostenfalle herausstellen. Denn bei der Wertermittlung des Finanzamts findet keine Vor-Ort-Begehung statt, was dazu führt, dass Mängel nicht berücksichtigt werden und der Wert oft zu hoch angesetzt wird. Entsprechend hoch fällt dann auch die Steuerlast aus. Hast du das Gefühl, dass das auch bei dir der Fall war, dann kann es empfehlenswert sein, proaktiv eine/n Gutachter/in mit der Verkehrswertermittlung zu beauftragen.

Wer ermittelt den Verkehrswert einer Immobilie?

Den Verkehrswert ermitteln vorrangig Makler/innen oder Sachverständige. Wenn du den Wert nur als Anhaltspunkt für den Verkaufspreis benötigst, dann genügt die Maklerbewertung in aller Regel. Die Kosten hierfür sind in der Maklerprovision bereits enthalten. Zwar gibt es einige Online-Rechner, die du für die Verkehrswertermittlung deiner Immobilie nutzen kannst, doch solltest du dir bewusst darüber sein, dass derartige Programme nur eine sehr grobe Einschätzung liefern.

Benötigst du den Verkehrswert für formalere Angelegenheiten, wie etwa eine Scheidungsangelegenheit vor Gericht, dann solltest du dich am besten nach sachverständigen Gutachtern/Gutachterinnen umsehen. Derartige Experten findest du etwa über das Verzeichnis der IHK. Zwar ist ein Gutachten kostspieliger, doch ist das Dokument vor Gericht wirksam.

Was kostet ein professionelles Verkehrswertgutachten?

Für das Verkehrswertgutachten solltest du etwa 0,5 bis 1 Prozent des Immobilienwerts einkalkulieren. Der Preis des Gutachtens bemisst sich dabei in erster Linie an der Komplexität der Sache. Geht es etwa um eine kleine Eigentumswohnung in einem Mehrparteienhaus mit vielen ähnlichen Wohnungen, dann dürfte sich der Preis verhältnismäßig einfach ermitteln lassen. Schwieriger und damit auch teurer wird es bei sehr außergewöhnlichen Häusern wie etwa Architektenhäusern oder bei Mischimmobilien, die teils gewerblich genutzt werden.

Welche Dokumente benötigen Gutachter/innen für die Wertermittlung?

Entscheidest du dich, die Verkehrswertberechnung durch eine/n Gutachter/in durchführen zu lassen, dann solltest du vorab einige Dokumente zusammensuchen. Denn der Experte/die Expertin wird nicht nur die Immobilie vor Ort genau unter die Lupe nehmen, sondern auch einen sorgfältigen Blick in die Papiere werfen. Die folgenden Unterlagen solltest du bereitlegen:

  • Grundbuchauszug
  • Grundriss
  • Wohnflächenberechnung
  • Energieausweis
  • Flurkarte
  • Lageplan
  • Baubeschreibung
  • Nachweis über erfolgte Modernisierungsmaßnahmen
  • Bei vermieteten Immobilien: Informationen über laufende Mietverhältnisse (z. B. Mietvertrag, Nebenkostenabrechnungen)

Bei einer Eigentumswohnung benötigst du zusätzlich die folgenden Dokumente:

  • Aufteilungsplan
  • Teilungserklärung
  • Gemeinschaftsordnung
  • Wohngeldabrechnungen
  • Nachweis über Instandhaltungsrücklage und deren Höhe
  • Protokolle der Eigentümerversammlungen

Verkehrswert einer Immobilie ermitteln: Die Wertermittlungsverfahren

Es gibt mehrere verschiedene Verfahren, um den Verkehrswert von Immobilien zu berechnen. Alle Optionen gehen dabei mit spezifischen Vor- und Nachteilen einher, weshalb häufig eine Kombination angewendet wird.

Vergleichswertverfahren

Das Vergleichswertverfahren ist die einfachste und unkomplizierteste Art der Wertermittlung. Hierbei wird schlicht der Wert vergleichbarer Immobilien herangezogen. Das Vergleichswertverfahren bietet sich immer dann an, wenn ausreichend ähnliche Immobilien zur Verfügung stehen. So kann es etwa bei Reihenhäusern in einer Neubausiedlung oder bei Eigentumswohnungen in einem Mehrparteienhaus sinnvoll sein.

Sachwertverfahren

Beim Sachwertverfahren wird die Summe aus Bodenwert und Gebäudesachwert mit dem Marktanpassungsfaktor multipliziert. Vereinfacht gesagt werden dabei die Kosten für den Bau des Gebäudes ermittelt und anschließend die Kosten der Abnutzung abgezogen. Das Verfahren gilt als sehr genau und eignet sich somit hervorragend für sehr individuelle Immobilien, für die das Vergleichswertverfahren ausscheidet.

Ertragswertverfahren

Beim Ertragswertverfahren wird nicht nur die Immobilie an sich berücksichtigt, sondern es werden auch mögliche Erträge einkalkuliert, die damit erwirtschaftet werden können. Der Verkehrswert resultiert hier aus Bodenwert, Gebäudesachwert und Gebäudeertragswert. Dieses Verfahren eignet sich insbesondere für Gewerbeobjekte und für vermietete oder verpachtete Immobilien.

Fazit: Der Verkehrswert einer Immobilie kann wichtig sein

Egal ob Hauskauf, Erbschaftsangelegenheiten oder Vermögensteilung infolge einer Trennung: Früher oder später kommen nahezu alle Immobilienbesitzer mit dem Verkehrswert in Berührung. Möchtest du rein aus Interesse wissen, was deine Immobilie aktuell wert ist, dann genügt zur groben Orientierung meist das Ergebnis eines Online-Rechners. Benötigst du den Verkehrswert hingegen für den Verkauf oder gar für gerichtliche Auseinandersetzungen, dann solltest du eine/n Makler/in oder eine/n sachverständige/n Gutachter/in hinzuziehen. Da jede Immobilie anders ist, ist die Wertermittlung sehr komplex und für Laien kaum eigenständig zu bewerkstelligen.

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