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Ein Modellhaus auf Geldscheinen als Symbol für die Vollfinanzierung

Vollfinanzierung: Haus kaufen ohne Eigenkapital

Wer eine Immobilie finanzieren will, benötigt Eigenkapital. Diese Regel gilt zwar in den meisten Fällen, aber du musst nicht zwingend eigenes Vermögen einbringen. Denn auch Vollfinanzierungen sind grundsätzlich möglich. Allerdings sind die Voraussetzungen streng und die Kosten hoch. Erfahre hier, was du bei einer Vollfinanzierung beachten solltest.

Was ist eine Vollfinanzierung?

Eine Vollfinanzierung beschreibt eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital. Das bedeutet, dass du den gesamten Kauf- oder Baupreis über einen Kredit finanzierst und dabei nicht auf eigenes Vermögen zurückgreifen musst. Unterschieden wird zwischen zwei Arten der Vollfinanzierung:

  • 100-Prozent-Finanzierung: Hierbei finanziert die Bank den gesamten Kaufpreis. Die Kaufnebenkosten musst du hingegen selbst zahlen.
  • 110-Prozent-Finanzierung: Hierbei finanziert die Bank den gesamten Kaufpreis einschließlich sämtlicher Kaufnebenkosten. Du benötigst also gar kein eigenes Geld für den Hauskauf.

Die Kaufnebenkosten betragen etwa 10 bis 15 Prozent des Kaufpreises und setzen sich wie folgt zusammen:

  • Grunderwerbsteuer
  • Notarkosten
  • Grundbuchgebühren
  • Maklercourtage

Egal ob 100- oder 110-Prozent-Finanzierung: Mit einer Vollfinanzierung geht die Bank ein erhebliches Risiko ein, da die Darlehenssumme höher ist als im Normalfall und mithin die Gefahr eines Kreditausfalls größer ist. Denn kannst du deine Kreditraten nicht mehr stemmen und kommt es zu einer Zwangsversteigerung, dann wird dabei voraussichtlich nicht der eigentliche Verkehrswert erzielt. Es ist also unwahrscheinlich, dass die Bank ihr gesamtes Geld zurückbekommt. Um das Risiko auszugleichen, setzt die Bank bei der Vollfinanzierung hohe Zinsen an. Daher musst du mit einer erheblichen monatlichen Belastung rechnen.

Wer bekommt einen Hauskredit ohne Eigenkapital?

Aufgrund des hohen Risikos für die Bank sind die Anforderungen an dich als Kreditnehmer/in hoch. Um überhaupt für eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital infrage zu kommen, solltest du die folgenden Kriterien erfüllen:

  • Hohes, gesichertes Einkommen: Die Bank wird von dir ein überdurchschnittlich hohes Einkommen erwarten, das auch sicher sein sollte. Als Selbstständige/r oder Freiberufler/in mit schwankendem Einkommen und ungewisser Auftragslage hast du eher geringe Chancen auf eine Vollfinanzierung. Bist du hingegen fest angestellt oder gar verbeamtet, stehen deine Chancen wesentlich besser.
  • Hervorragende Bonität: Du musst anhand eines hohen Schufa-Scores belegen können, dass du über eine hervorragende Bonität verfügst. Fordere am besten vorab deine individuelle Schufa-Auskunft an und prüfe diese auf mögliche Fehler. Sollten noch alte, negative Einträge vorhanden sein, dann lass diese vor der Kreditanfrage löschen.
  • Hohe Tilgungsleistung: Der Bank ist es wichtig, dass du dein Darlehen vor Renteneintritt abzahlen kannst. Bringst du kein Eigenkapital ein, ist die Kreditlast im Regelfall sehr hoch. Um den Kredit dennoch tilgen zu können, musst du bereit sein, eine hohe Tilgungsrate zu stemmen. Das bedeutet natürlich auch höhere monatliche Raten.
  • Immobilie in 1A-Lage und Top-Zustand: Bei der Baufinanzierung ist die Immobilie an sich die wichtigste Sicherheit für die Bank. Um das Risiko etwas abzufedern, sieht die Bank bei der Vollfinanzierung genau hin und prüft, in welchem Zustand die Immobilie ist und wo sie sich befindet. Handelt es sich beispielsweise um ein modern ausgestattetes Einfamilienhaus in bester Vorort-Lage, dann ist die Bank eher bereit, deinen Kreditantrag zu bewilligen, als bei einem renovierungsbedürftigen Bauernhaus auf dem Land.
  • Zusätzliche Sicherheiten: Idealerweise bringst du zusätzliche Sicherheiten mit, die das Risiko für die Bank etwas abfedern. Dies kann zum Beispiel eine bereits abbezahlte Immobilie sein.

Wenn du dir unsicher bist, wie deine Chancen auf den Hauskauf ohne Eigenkapital stehen, dann kannst du dich grob an der sogenannten 40-Prozent-Regel orientieren. Banken achten darauf, dass die Kreditlast des Darlehensnehmers/der Darlehensnehmerin nicht mehr als 40 Prozent des Nettoeinkommens beträgt. Verdienst du monatlich etwa 3.600 Euro netto, dann darf die Kreditrate sich auf maximal 1.440 Euro pro Monat belaufen. Beachte allerdings, dass die Bank hier immer von der Gesamtkreditlast ausgeht. Zahlst du nebenher noch einen Autokredit mit einer monatlichen Rate von 300 Euro ab, dann reduziert sich die Maximalrate für den Hauskredit entsprechend um diese 300 Euro auf 1.140 Euro.

Welche Banken bieten Immobilienkredite ohne Eigenkapital an?

Nicht jede Bank bietet Vollfinanzierungen an, weshalb du unter Umständen etwas länger nach dem passenden Kreditgeber suchen musst. Eine erste Anlaufstelle kann deine eigene Hausbank sein: Zwar gibt es dort nicht immer die besten Konditionen, doch dafür kennt die Bank dich bereits. Sie weiß, wie es um dein Vermögen und deine Einkommensverhältnisse bestellt ist und dass du etwaige bisherige Kredite zuverlässig getilgt hast. Das kann ein klarer Pluspunkt für dich sein.

Was kostet eine Hausfinanzierung ohne Eigenkapital?

Wenn du den gesamten Kaufpreis für dein Haus oder deine Wohnung über Fremdkapital finanzierst, dann ist das Risiko für die kreditgebende Bank sehr hoch. Es gilt: Je höher das Risiko für die Bank ist, desto lukrativer muss der Kredit für sie sein. Aus diesem Grund wird die Bank für die Vollfinanzierung hohe Zinsen ansetzen, um möglichst viel damit zu verdienen.

Bei einer 100-Prozent-Finanzierung verhängen Banken in der Regel einen Zinsaufschlag. Entscheidest du dich für die 110-Prozent-Finanzierung und soll die Bank auch die Kaufnebenkosten tragen, dann musst du zusätzlich einen Risikoabschlag zahlen. Immerhin steht den Kaufnebenkosten kein Gegenwert entgegen. Kannst du deine Kreditraten nicht mehr zahlen, dann ist das Geld für die Bank verloren.

Wie hoch Zins- und Risikoaufschlag genau ausfallen, lässt sich nicht pauschal sagen. Insgesamt hängen die Kreditzinsen immer von vielen verschiedenen Faktoren ab. So spielen etwa die aktuellen Bauzinsen eine wichtige Rolle, aber auch dein finanzieller Hintergrund als Kreditnehmer/in sowie die geschätzte Werthaltigkeit der Immobilie. Auch Kreditkonditionen wie die Dauer der Zinsbindung beeinflussen deinen individuellen Zinssatz. Günstiger als bei einer regulären Immobilienfinanzierung mit Eigenkapital kommst du jedoch in keinem Fall weg, wie die folgende Tabelle exemplarisch zeigt:

 Baufinanzierung mit EigenkapitalBaufinanzierung ohne Eigenkapital
Kaufpreis inkl. Nebenkosten300.000 €300.000 €
Eigenkapital75.000 €
Darlehenssumme225.000 €300.000 €
Sollzins2,4 %3,4 %
Laufzeit10 Jahre10 Jahre
Tilgungsrate2,5 %3 %
Monatliche Kreditrate918,75 €1.600 €
Restschuld nach 10 Jahren161.497,38 €192.986,74 €
Insgesamt gezahlte Zinsen46.747,38 €84.986,74 €

Das Beispiel zeigt: Kaufst du ein Haus ohne Eigenkapital, dann geht das mit höheren Zins- und Tilgungssätzen und folglich mit einer deutlich höheren Kreditrate einher. So müsstest du bei den Beispielwerten knapp 700 Euro pro Monat mehr zahlen und hast nach Ablauf von zehn Jahren dennoch eine höhere Restschuld zu tilgen. Das liegt an der größeren Kreditsumme, verbunden mit dem höheren Zinssatz: Innerhalb von zehn Jahren fallen hier deshalb knapp 40.000 Euro mehr an Zinsen an.

Haus kaufen ohne Eigenkapital: Die Vor- und Nachteile

Der größte Vorteil der Vollfinanzierung besteht natürlich darin, dass du mit dem Hauskauf nicht warten musst, bis du genügend Eigenkapital angespart hast. Das kann vor allem dann sinnvoll sein, wenn du bereits als Berufseinsteiger/in überdurchschnittlich gut verdienst und den Haus- oder Wohnungskauf nicht auf die lange Bank schieben willst.

Demgegenüber steht jedoch die hohe finanzielle Belastung, die nicht nur auf die höheren Kreditzinsen zurückzuführen ist. Die Bank hat ein Interesse daran, dass du deinen Vollkredit schnell wieder abbezahlst, weshalb sie eine hohe Tilgungsrate von dir verlangen wird. Am Ende profitierst aber auch du davon: je geringer die Restschuld, desto geringer auch das finanzielle Risiko. Bedenke, dass die Kreditzinsen jederzeit steigen können. Musst du dann eine Anschlussfinanzierung für eine hohe Restschuld besorgen, kann dies wiederum sehr teuer werden. Daher sollte es immer dein Ziel sein, möglichst schnell zu tilgen.

Auch solltest du im Hinterkopf behalten, dass eine hohe monatliche Belastung aufgrund der hohen Tilgungsrate finanziell sogar sinnvoll sein kann: Sparst du vorab Eigenkapital an, wird die Inflation dies in der Ansparphase nach und nach entwerten. Eine Vollfinanzierung kann daher vor allem in Zeiten niedriger Bauzinsen durchaus sinnvoll sein. Lukrativ wird es auch, wenn du eine Immobilie als Kapitalanlage erwerben willst: Dann kannst du die Kreditzinsen als Werbungskosten von der Steuer absetzen.

Vorteile der Vollfinanzierung im Überblick

  • Kein vorheriges Ansparen von Eigenkapital nötig
  • Schneller schuldenfrei dank hoher Tilgungsrate
  • Steuervorteile für Vermieter/innen

Nachteile der Vollfinanzierung im Überblick

  • Hohe finanzielle Belastung
  • Hohe Kreditzinsen
  • Strenge Voraussetzungen
  • Nur von wenigen Banken angeboten

3 Tipps: So klappt es mit dem Hauskauf ohne Eigenkapital

Die Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital klingt sicherlich verlockend. Immerhin kannst du dir den Traum von den eigenen vier Wänden so direkt erfüllen, ohne zuvor viele Jahre lang sparen zu müssen. Mit den nachfolgenden Tipps kannst du die größten Risiken der Vollfinanzierung umschiffen und deine Kreditkonditionen vielleicht noch etwas verbessern:

  • Zweiter Kredit für Kaufnebenkosten: Statt die Kaufnebenkosten über deine reguläre Vollfinanzierung abzudecken und einen Risikoabschlag in Kauf zu nehmen, kannst du auch einen zweiten Kredit dafür aufnehmen. Hier kommt etwa ein Standard-Ratenkredit oder aber auch ein Privatkredit infrage. Vielleicht stimmen deine Eltern oder andere Familienangehörige zu, dir den Betrag für die Nebenkosten gegen geringe Zinsen vorzustrecken. Achte jedoch darauf, die Kreditkonditionen detailliert vertraglich festzuhalten, um späteren Streit zu vermeiden.
  • Sondertilgungen: Prüfe die Kreditkonditionen auf Sondertilgungsmöglichkeiten und nutze diese idealerweise aus. So kannst du etwa großzügige Geldgeschenke oder Boni direkt in die Abzahlung des Kredits investieren. Durch diese Zusatzzahlungen bringst du im Grunde nachträglich Eigenkapital in deine Finanzierung ein und deine Restschuld reduziert sich schneller.
  • Kündigungsrecht nach zehn Jahren: Unabhängig von der eigentlich vereinbarten Laufzeit steht dir nach zehn Jahren ein Sonderkündigungsrecht für deinen Immobilienkredit zu. Behalte die Bauzinsen immer im Auge und prüfe, ob eine Umschuldung lohnenswert ist. Schon ein geringer Zinsunterschied kann am Ende zu einer großen Ersparnis führen.

Fazit: Immobilienkredite ohne Eigenkapital sind möglich, aber riskant

Es gibt kein Gesetz, das besagt, dass du zwingend Eigenkapital benötigst, um ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Die Banken entscheiden grundsätzlich selbst, ob und zu welchen Konditionen sie dir einen Kredit gewähren. Verdienst du überdurchschnittlich gut und kannst du einen hohen Schufa-Score nachweisen, kann eine Vollfinanzierung durchaus eine Option sein. Bedenke jedoch, dass sie mit hohen Zinsen und einer hohen monatlichen Belastung einhergeht. Nur wenn du diese sicher und langfristig stemmen kannst, solltest du dich auf die Vollfinanzierung einlassen.

Bildnachweis: Michael Wick / Shutterstock.com